Unsere Zeit in Kolkata/Howrah war sehr intensiv, lehrreich, interessant.... und eigentlich durchlebten wir in diesen Tage alle Gefühle, die man so haben kann.
Kolkata und Howrah werden durch den Fluss Hugli getrennt (Kalkutta liegt nämlich gar nicht am Ganges, das Lied lüüügt *grins* Der Hugli ist aber ein Mündungsarm des Ganges, also doch nicht so falsch...) und gehören zur Metropolregion Kolkata mit ca. 14 Mio Einwohner. Das Projekt bzw. ein Standort (von zwei in Howrah) von H.E.L.G.O. ev (= Help For Education Life Guidance Organisation, Gründer ist Philipps Patenonkel Helgo) liegt in Tikiapara. Ein erheblicher Teil Tikiaparas wird von einem riesigen Slum entlang Bahnschienen eingenommen, der Heim vieler Kinderarbeiter ist, um die es im Projekt geht (schätzungsweise gibt es 40 Mio Kinderarbeiter in Indien). Details zum Projekt, den Hintergründen, den Kindern und vielen mehr bitte auf www.helgo-ev.de nachlesen!
In Tikiapara besuchten wir die Schule, die die Projekt-Kinder (ab 4 Jahren aufwärts) mit Freude (!!) besuchen. Einst auch Hostel und Unterkunft für die Kinder musste dieses aus bürokratischen, juristischen, indischen, aber vor allem stupiden Gründen vor kurzem geschlossen werden. Es sind alle Hebel in Bewegung, um es wieder öffnen zu dürfen/können. Einen Vormittag lang spielten wir mit den Kleinen mit Bauklötzen etc., während die Großen (ab ca. 6 Jahre) die Schulbank drückten. Einen anderen Tag spielten wir mit den Großen Fußball, während die Kleinen daneben tobten und im Sand spielten. Es war eine unbeschreibliche Freude, die glänzenden Augen der Kinder zu sehen. Die Freude, die sie spüren, bei menschlicher Zuwendung. Einfach Kind sein dürfen und spielen! Leider nicht selbstverständlich, dort wo sie aufwachsen. Es folgt ein Ausschnitt aus dem Untermenü "Kinderarbeit in Indien" von der Internetseite der Organisation.
"In Indien findet man zahlreiche Kinderarbeiter in kleinen Fabriken. Auch als Müllsammler, Straßenverkäufer, als Haushaltshilfen, in Restaurantküchen oder durch Prostitution müssen viele Kinder ihr Geld verdienen. Fast alle arbeiten unter Bedingungen, die ihre Gesundheit gefährden – nicht selten bis zu 70 Stunden in der Woche. Damit bleibt ihnen jede Chance verwehrt, jemals eine Schule zu besuchen. (...)
Armutsbekämpfung und Bildung sind, aus unserer Sicht, die nachhaltigsten Werkzeuge gegen Kinderarbeit. Unser Verein versucht das im kleinen Rahmen so umzusetzen: Familien werden von uns monatlich ein wenig mit Grundnahrungsmitteln wie Reis unterstützt, um auch ohne die Einkünfte des Kindes über die Runden zu kommen. Durch Nachhilfe in unserem Zentrum versuchen wir allen Kindern zu einem erfolgreichen Schulabschluss zu helfen. Und anschließend vermitteln wir einen Ausbildungsplatz. Während die Eltern oft Analphabeten sind, haben die von uns unterstützten Kinder dann deutlich besser Chancen auf einen ordentlich bezahlten Arbeitsplatz – und können ihren eigenen Kindern später eine bessere Ausgangssituation bieten."
Das Prinzip ist also klar und sehr logisch und ist für unsere Kinder die einzige Möglichkeit, dem düsteren Schicksal zu entgehen. Zusammen mit Helgo liefen wir durch Slums, die man vielleicht aus Dokumentationen "kennt", die man sich aber eigentlich nicht wirklich vorstellen kann. Wie kann es so etwas geben?? Wie können mitunter 8-10 Menschen auf kleinstem Raum in einer Wellblechhütte oder noch weniger auf blankem, harten Steinfußboden leben, schlafen, kochen..? Vom Thema offener Defäkation ganz zu schweigen. Und das bei enormer Hitze! Während unseres Aufenthalts regnete es vor allem einen Abend so heftig, dass wir bis zu den Knöcheln durch das Wasser auf den Straßen wateten. Was das für die Hütten in den Slums bedeutet, kann man sich ausmalen...
Die Eindrücke, die wir dort sammelten, sind unbeschreiblich und doch war es schön zu sehen, wie die Menschen auf Helgo reagierten, der seit vielen vielen Jahren nach Tikiapara kommt. Dass er ihnen für einen kurzen Moment seine Aufmerksamkeit schenkt, als Mensch und als Arzt, dass er jemandem einen kleinen Rat geben kann, all das ist den Menschen so viel wert und spendet Trost und Hilfe. Auch uns, die wir uns dort sehr hilf- und ratlos fühlten.
"Getoppt" (wenn man das so nennen kann) wurde dieser Besuch durch den Gang zum Müllberg in Liluah (zweiter Standort von H.E.L.G.O.). Er ist genau das, was der Name erahnen lässt: ein (mittlerweile riesiger) Berg aus Müll, jahrelang angesammelt und immer wieder aufgeschüttet. Überall Schweine, Dreck, Erwachsene und Kinder suchen gleichermaßen nach etwas Verwertbarem, was sich für ein paar Rupies weiterverkaufen lässt. Die meisten sind barfuß. Es sind knapp 30 Grad und die Luftfeuchtigkeit sehr hoch, da es die vergangenen Tage geregnet hat. Anblick, Geruch und Ekel dort sind nicht in Worte zu fassen. Auch hier unterstützt H.E.L.G.O. ca. 30 Kinder mit Hausaufgabenhilfe und versucht sicherzustellen, dass sie regelmäßig die Schule besuchen. Wir sind mit Helgo durch den Slum am Rand des Müllbergs gegangen und wieder wurden wir freudig begrüßt. Im Liluah-Zentrum des Vereins erlebten wir dann noch eine Art "indischen Elternabend", bei dem es hauptsächlich darum ging, dass die Eltern dafür sorgen, dass ihre Kinder jeden Tag in die Schule gehen. Keine Selbstverständlichkeit bei den existenzbedrohenden Problemen, die diese Menschen jeden Tag haben.
Wer sich ein Bild davon machen möchte, wird in der Foto- und Film-Galerie auf der Homepage fündig.
Da uns das Projekt und die wunderbaren, fröhlichen Kinder aus Howrah sehr am Herzen liegen, sind wir um jeden Unterstützer unendlich dankbar. Die üblichen Möglichkeiten sind Mitgliedsbeiträge und Spenden und jeder Cent einer Spende kommt zu 100% den Kindern zugute!
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Gemeinsames Mittagessen nach der Schule |
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Flur und Kueche im Schulgebaeude von H.E.L.G.O. |
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Muellberg in Liluah |
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Muellberg Liluah inkl. Schweine & Muellsammlern |
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Die "Kleinen" beim Toben - im Hintergrund wird Fussball gespielt |
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Kinder, Ex-Volontaer Elias & Mitarbeiter nach Holi |